Arbeitsgruppe
Zelluläre Neurochirurgie
Hintergrund
Motivation unserer Arbeit ist unsere Faszination für das menschliche Gehirn. Das Gehirn integriert Informationen aus den Sinnesorganen und dem Körper und steuert sowohl die innere Homöostase als auch unsere Interaktion mit der Umwelt. Es ist das Organ in dem höhere kognitive Leistungen, wie z.B. Gedächtnis, Emotion, Kreativität und menschliche Persönlichkeit, entstehen. Fehlfunktionen des Gehirns, zum Beispiel im Rahmen von Gefäß- oder bösartigen Erkrankungen, Neurodegeneration oder Psychosen, können dessen Leistungsfähigkeit massiv beeinträchtigen und sind oftmals Ursache eines immensen Leids der Betroffenen und deren Angehöriger. Trotz der umfassenden Förderung der Hirnforschung sind die Grundlagen der Hirnfunktion und somit auch die Grundlagen zahlreicher Erkrankungen des Gehirns nach wie vor nur unzureichend verstanden.
Ein Grund hierfür ist die immense Komplexität des Gehirns. Hirnfunktion beruht auf Vorgängen in miteinander synaptisch verbundenen Nervenzellen. Man schätzt, dass allein der Cortex (die hierarchisch übergeordnete Hirnrinde) ca. 20 Milliarden Nervenzellen umfasst, welche über bis zu 200 Billionen Synapsen miteinader interagieren. Für ein besseres Verständnis von Hirnfunktion und -Dysfunktion bedarf es der Kenntnis der (1.) Netzwerkstruktur und (2.) Netzwerkaktivität, idealerweise auf der Ebene einzelner Nervenzellen bzw. einzelner Synapsen. Dies erfordert modernste Methoden der neurowissenschaftlichen Grundlagenforschung, welche zwar prinzipiell zur Verfügung stehen und zuletzt stetig weiterentwickelt werden, bis dato aber nur vereinzelt oder gar nicht am menschlichen Gehirn eingesetzt wurden. Das Wissen über menschliche Nervenzellnetzwerke auf zellulärer Ebene ist rudimentär. Konzepte zur Diagnostik und Behandlung der gesundheitsökonomisch und gesellschaftlich hoch relevanten Erkrankungen des menschlichen Gehirns beruhen daher zumeist auf klinischen Erfahrungswerten, nicht jedoch auf mechanistischen Modellen, welche eine spezifischere und effizientere Therapie versprechen.
Forschungsziele
In unserer Arbeitsgruppe wollen wir den Brückenschlag zwischen Grundlagen- und klinischer neurowissenschaftlicher Forschung im Bereich der zellulären Neurowissenschaften vollziehen. Als Neurochirurgen wollen wir hierbei unsere klinische Erfahrung und unseren Einblick in neueste diagnostische und therapeutische Verfahren in die Generierung und Bearbeitung relevanter Fragestellungen einbringen. Gleichzeitig verstehen wir uns auch als Grundlagenforscher, die mit Begeisterung moderne experimentelle Methoden einsetzen und vorantreiben wollen.
Ziel der Arbeitsgruppe ist ein besseres Verständnis der Grundlagen menschlicher Hirnfunktion und neurochirurgischer / neurologischer Krankheitsbilder auf der Ebene von Nervenzellen bzw. Nervenzellnetzwerken als Basis neuer diagnostischer und therapeutischer Konzepte. Konkrete Themen umfassen u.a.:
- Struktur-Funktions-Beziehungen menschlicher Nervenzellnetzwerke auf zellulärer Ebene
- Neuronale Funktion und Dysfunktion im Rahmen von Gefäß- und bösartigen Erkrankungen des Gehirns und deren Therapie
- Zelluläre Grundlagen therapeutisch / diagnostisch induzierter Plastizität im Rahmen transkranieller Magnetstimulation
Methoden
Hierzu setzen wir moderne Methoden der zellulären Neurowissenschaften ein, u.a.
Large scale, high volume digital neuroanatomy
(Immunhistologie, Konfokalmikroskopie)
Fig.1: Analyse der zellulären Zusammensetzung von „Cortical Columns“ im Somatosensorischen Cortex der Ratte (Referenzen: Meyer et al. 2010 Cerebral Cortex, Meyer et al. 2011 PNAS). Links: Konfokalmikroskopie von Hirnschnitten, in denen Nervenzellen (NeuN) und hemmende Interneurone (GABA / GAD67) immunhistochemisch markiert wurden. Mitte: Verteilung aller Nervenzellen in drei Cortical Columns. Rechts: Verteilung der hemmenden Nervenzellen in denselben Cortical Columns.
Einzelzell- /Synaptische Physiologie (Patch Clamp)
Fig. 2: Intrazelluläre Ableitung (Patch Clamp, Whole Cell – Konfiguration) von zwei miteinander verbundenen Nervenzellen in Schicht 2/3 des somatosensorischen Kortex von Ratten (Meyer et al., unveröffentlichte Daten). Ein Aktionspotentzial in der präsynaptischen hemmenden Nervenzelle (links) führt zu einer Hyperpolarisation der postsynaptischen erregenden Pyramidenzelle (rechts).
Für das Gelingen unserer Vorhaben bedarf es einer möglichst engen Annäherung der verschiedenen Arbeitswelten des Klinikers auf der einen und des im Labor tätigen Experimentators auf der anderen Seite. Die hierzu erforderliche räumliche Nähe zur Klinik ist für unser Labor gegeben, und wir kooperieren u.a. mit den Arbeitsgruppen von Univ.-Prof. Dr. med. Simon Jacob und Prof. Dr. med. Sandro Krieg. Entscheidend bleibt, motivierte Mitstreiter zu gewinnen – Initiativbewerbungen aller Art sind jederzeit willkommen.
Leiter der Arbeitsgruppe
PD Dr. med. Hanno-Sebastian Meyer
Oberarzt
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Mitarbeiter
Frau Svetlana Lachmann
MTLA, Biologie (B.Sc.)